Donnerstag, 7. März 2019

Fürs Leben lernen


Ich erinnere mich genau an die Zeit, in der unsere Lehrer langsam angefangen haben, zuzugeben, dass man das, was man in der Oberstufe lernt, niemals im richtigen Leben brauchen wird. Natürlich kommt es immer darauf an, für welche berufliche Laufbahn man sich entscheidet. Einem späteren Mathematiker ist vielleicht schon damit geraten, im Matheunterricht aufzupassen. Aber auch der wird nicht den kompletten Lernstoff aus allen Fächern in seinem Leben brauchen.

Die Zeit rast förmlich an mir vorbei, ich hab gerade nachgezählt und finde es fast schon erschreckend, dass mein Abi bereits über ein halbes Jahr zurückliegt. Und in diesen acht Monaten habe ich wirklich was fürs Leben gelernt. Ich glaube ich habe mehr nützliche Erfahrungen gemacht, als in den ganzen 12 Jahren Schule zusammen.

Ich bin ein paar Mal verreist, ich war zum ersten Mal auf einem anderen Kontinent, ich hab die Natur in ihrer ganzen Natürlichkeit (?) kennengelernt. Bei einer Nachtwanderung durch den Regenwald, als wir wegen Wespen plötzlich alle Lampen ausschalten mussten und es wirklich stockdunkel war, wurde mir bewusst, dass ich tatsächlich in beinahe unberührter Natur stehe. Komplette Dunkelheit kannte ich bis dahin nicht, zu Hause scheint doch immer irgendwo in der Ferne eine Laterne oder ein Auto mit Fernlicht fährt vorbei. Diese Erkenntnis hilft mir im eigenen Leben zwar nicht wirklich weiter, aber in diesem Moment wurde mir klar, wie sehr der Mensch eigentlich die größten Teile dieser Erde bereits eingenommen hat.

Meine Reise nach Venedig (über die ich irgendwann auf jeden Fall noch einen eigenen Post schreiben werde) hat mir dagegen viel Erfahrung eingebracht, wenn es darauf ankommt, sich selbst in einer fremden Stadt zurechtzufinden und auch An- und Rückreise zu buchen, bzw. umzubuchen.

Und dann ging der Ernst des Lebens los. Mit meiner Entscheidung über meine berufliche Zukunft habe ich viel zu lange gebraucht und somit alle Bewerbungsfristen verpasst. Kein Problem, dachte ich, ich suche mir einfach einen Job und mache eben nächstes Jahr meine Ausbildung. Tja, leichter gesagt als getan. Ich ging immer davon aus, dass man eine Bewerbung verschickt, darauf eine Antwort bekommt und wenn es eine Arbeit ist, die keine weiteren Ausbildungen oder sonstige Abschlüsse verlangt, werde ich das schon bekommen. Weit gefehlt. Von meinen mindestens vier Bewerbungen bekam ich erst mal nur auf eine eine Antwort und wurde zum Gespräch eingeladen. Auf den Rat meiner Eltern hin habe ich trotzdem noch weitere verschickt, man kann ja nie wissen.
Dann habe ich mein erstes Bewerbungsgespräch geführt, womit ich im Voraus schon etwas überfordert wurde, weil ich einfach keine Ahnung hatte, was mich erwartet. Es lief auch einigermaßen gut, das war der Job, den ich am Ende dann auch bekommen habe. Des weiteren hatte ich ein wirklich gutes Gespräch bei der Lufthansa, allerdings suchten die einen Arbeitnehmer, der längerfristig verfügbar ist, weswegen ich am Ende eine Absage erhielt.
Ich wurde sehr schnell sehr unglücklich in meinem Job, habe weitere Bewerbungen verschickt, weitere Gespräche geführt, manche davon waren wirklich, wirklich schlimm.
Wie so vieles ist auch das Erwachsenenleben in der Theorie viel leichter als dann bei der tatsächlichen Umsetzung. Für mich hieß es einfach dranbleiben. Zwischendurch fühlte ich mich bei der Arbeit besser und ich fühlte mich selbst wieder wohler, nur um dann nach kurzer Zeit am Arbeitsplatz zurück in ein dunkles Loch zu fallen. Es half alles nichts, ich musste eine andere Arbeitsstelle finden. Also wurden erneut Jobbörsen durchssucht, Bewerbungen geschrieben, Hoffnungen aufgebaut. Von manchen Arbeitgebern habe ich bis heute keine Antwort erhalten. Allerdings hatte ich endlich etwas Glück und wurde zu zwei Gesprächen eingeladen, die beide auf einen Probearbeitstag hinausliefen. Wieder eine neue Erfahrung. Darauf folgten eine Zusage, eine Kündigung des ersten Jobs, ein neuer erster Arbeitstag und viele, viele neue Informationen.

Mittlerweile, nach etwa einem Monat habe ich mich im neuen Job ganz gut zurechtgefunden und gehe gern zur Arbeit.

Der Kern dieser ziemlich ausgeschweiften Erzählung ist, dass die Schule mich keineswegs auf das "Leben danach" vorbereitet hat, ich musste viele Situationen meistern, die mir völlig neu waren, mit denen ich mich bisher nie befasst hatte, die allerdings ungemein wichtig und eigentlich auch unumgänglich waren.
Und das Schöne daran ist (um diesen Post ins Schema meines Blogs zu quetschen): ich habe all diese Situationen gemeistert, somit neue Erfahrungen gemacht und nach zwölf Jahren Büffeln nun zum ersten Mal Dinge gelernt, die mir im Leben tatsächlich von Nutzen sein werden. 
Auch, wenn ich mittlerweile etwas Erfahrung in dieser ganzen Bewerbungs-Sache habe, muss ich allerdings trotzdem sagen, dass ich wirklich unheimlich froh bin, die nächsten drei Jahre schon geplant zu haben und im September nach so langem Hin und Her endlich meine Ausbildung beginnen zu können.

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